Eigentlich ist es ja ein Fest, oder die Nacht, wo die verstorbenen Ahnen heraufkommen und unter uns weilen. Nur, daß dies eben nichts mit zombiartigen Verkleidungen zu tun hat. Dieser Kult wurde von Dunkelmächten angeschoben und hat mit den Ahnen nichts zu tun, denn wenn dies so wäre, müßte ich ja davon ausgehen, daß meine herzallerliebste Großmutter, die eine Seele von Mensch war, plötzlich teuflische Züge erhalten hätte und dieses Teufelswerk über uns auskippt. Nein, das ist eine Vorstellung, die paßt für mich nicht in mein Bild.
Aber daß es in dieser Nacht doch etwas mystisches und damit etwas Jenseitiges unseres Verstandes gibt, das haben wir vor drei Jahren selbst und wahrhaftig erlebt. Auf die Gefahr hin, daß man mich nun komplett für verrückt erklärt, möchte ich es hier niederschreiben, denn es läßt mich nicht so recht los, was wir damals erlebt haben. Vielleicht ändert sich das ja, wenn ich es aufschreibe. Es heißt ja immer, mit dem Schreiben verarbeitet man. Also versuchen wir es.
Es war an einem Tag vor Halloween, als wir einen Bekannten besucht haben und es war auch eine Zeit, in der wir uns des Öfteren über mystische Geschehnisse erzählt haben. Und so wurde es an diesem Tag spät, daß wir ein Ende fanden und fuhren in dunkler Nacht wieder Richtung nach Hause.
Unser Bekannter wohnte in einem kleinen Dorf neben der Kirche, tiefste Provinz und hinter der Kirche war freies Feld. Mitten durch dieses Feld ging eine schmale Straße, die wir entlang fahren mußten, um Richtung Autobahn zu kommen. Auf dieser Straße gab es weder Verkehrszeichen, keine Straßenbegrenzung, nichts. Es war stockdunkel, kein Mond zu sehen, nichts. Wir fahren noch in Erinnerung schwelgend über die Gespräche, die wir mit unserem Bekannten geführt hatten, diese schmale Straße entlang, nichts böses ahnend, so, wie wir immer schon dort entlang gefahren waren.
Plötzlich flog vom Feld auf der rechten Seite ein Schatten in einem hohen Bogen über die Straße und verschwandt in der Dunkelheit auf dem Feld links der Straße. Ich habe meinen Mann sofort gefragt: "Was war das?" und er meinte: "Ich habe keine Ahnung".
Nur um sicher zu sein, daß wir nicht schon kurz nach Aufbruch am Steuer eingeschlafen sind und irgendwelchen Halbträumen erlegen waren, haben wir uns gegenseitig geschildert, was wir da eben gesehen hatten. Und tatsächlich, jeder hatte das Selbe gesehen. Eine große weibliche Figur auf einer Art Besenstiel, nur eben größer. Diese Figur trug eine Art Umhang oder eine Art Kleid. Der hintere Zipfel des Kleides hing am Ende des Stiels, die Kapuze war über den Kopf gezogen, Gesicht hat man keines gesehen.
Nun versucht man ja in diesen Fällen erstmal rational mit den Mitteln des Verstandes das Gesehene in die Muster der Realität zu drücken. Nach dem Motto: Es kann nicht sein, was nicht sein darf.
War es vielleicht eine Spiegelung unserer Scheinwerfer in einem Verkehrsschild ? Nein, das konnte es nicht sein, denn dort gab es ja keine Verkehrsschilder.
War es vielleicht ein Reh, was über die Straße springt, aufgescheucht vom Motorgeräusch unseres Autos? Nein, das konnte es auch nicht sein. Rehe springen niemals so hoch, wie dieses Wesen und auch nicht in einem Satz über eine Straße, die durchaus vier Meter breit war. Und es springt auch nicht geschätzte zwei bis drei Meter hoch. Und Rehe tragen auch keine Kleider mit Kapuze.
Wir wissen es bis heute nicht, was das war aber wir waren und sind uns ziemlich sicher, daß es eine Seele war, die für diese Nacht Ausgang aus der Unterwelt erhalten hatte. Wir haben dieser Seele einen guten Weg gewünscht und ihr die Freiheit zugesprochen, falls sie hier festgehalten wird und deshalb nicht ihren Weg gehen kann und vielleicht auch deshalb nicht in ein neues Leben inkarnieren kann. Man liest ja oft, daß es sowas gibt. Deshalb ist es so wichtig, daß man die Toten nicht zu lange hier klammert, weil man ohne sie so schwer zurecht kommt.
Den Tod kann man schwer mit unserem Weltbild und mit unseren religiösen Lehren verstehen. Und deshalb ist es wohl besser, sich dessen zu erinnern, was man mit diesen Ahnen Schönes erlebt hat, als zu verzweifeln, daß es sie nicht mehr gibt. Sie wurden, und das ist lediglich unsere Meinung, abberufen, weil sie entweder Ihre Aufgabe hier erfüllt hatten oder sie haben diese Aufgabe so schlecht erfüllt, daß sie eben deshalb abberufen wurden, um einen Neustart hinzulegen und es das nächste Mal besser zu machen, als sie es in diesem Leben getan haben.
Ob das nun so richtig ist, oder nicht, das kann ich Ihnen nicht sagen. Aber es ist eine schöne Vorstellung.
Haben Sie auch schon solche Erlebnisse gehabt? Und wie sind Sie damit umgegangen? Haben Sie es, wie so Viele, verdrängt? Tun Sie das nicht. Setzen Sie sich damit auseinander. Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, als wir jemals mit unserem Verstand begreifen werden. Und das müssen wir auch nicht. Wenn uns die Schöpfung klüger gewollt hätte, dann hätte sie es besser gemacht. Es muß also einen Sinn haben, warum wir nicht alles verstehen können. Vielleicht sollen wir es ja auch gar nicht verstehen und einfach nur unserer Intuition vertrauen. Wenn Ihnen also einmal solche oder ähnliche Dinge passieren, dann genießen Sie es, in Ihrer eigenen Phantasie zu schwelgen, ohne Angst, denn die Schöpfung kennt keine Angst, bei ihr ist immer alles in Harmonie.
Also bis bald
Eure Petra K.
Die meisten Menschen haben Angst vor dem Tod, weil sie nicht genug aus ihrem Leben gemacht haben
(Peter Alexander Ustinov)
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